Biathlon OL Weltcupfinale 2016
Nymindegab (Dänemark)
Zwei Wertungsläufe an zwei Tagen.
Doppelsieg an beiden Tagen für Marie Herrnhold und Sebastian Fleiß.
Wettkampftag Eins: Klassik
Spricht man im Orientierungslaufsport von der Langstrecke, die früher einmal auch als „Klassik“ bezeichnet wurde, von der „Königsdisziplin im OL“ , ist das durchaus berechtigt, denn in dieser zugleich auch ältesten Disziplin wird sowohl das läuferische, also athletische, als auch das orientierungstechnische Können besonders geprüft. Aus dieser Wettkampfform entwickelten sich im Laufe der Geschichte des OL die anderen, aktuellen Disziplinen. Und genauso ist es auch beim Biathlon-Orientierungslauf. Hier wird allerdings international in der „Internationalen Biathlon-Orienteering-Federation“ (IBOF) im Gegensatz zur „ Internationalen Orientierungslauf Föderation“ (IOF), wo diese inzwischen simpel „Lang-OL“ benannt wird, der Begriff „Klassik“ weiter verwendet.
Einige Worte zu dieser Klassikdisziplin. Diese sehr speziell Form des Biathlon-Orientierungslaufs besteht neben einer typischen Lang-OL-Bahn und jeweils 10-mal liegend und stehend schießen zusätzlich aus dem „Punkt-OL“. Speziell diese Teilstrecke gleich vom Start weg bietet eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit. Denn egal in welcher Startkategorie die Teilnehmer antreten, a l l e müssen auf einer drei km langen und durchtrassierten Strecke fünf OL-Posten konkret auf einer mitgeführten „blanken“ OL-Karte per Nadelstich ortsgenau markieren. Hinzu kommen fünf weitere Kontrollstellen, an denen jeder einen mit Postenbeschreibung gekennzeichneten Posten in wechselnder Entfernung vom eigenen Standpunkt „aufgehängt“ per Nadeleinstich markieren muss. Zur Unterstützung ist noch die Richtung, in der sich dieser befindet, angegeben. Grundsätzlich ist untersagt, auf dieser Strecke irgendwie zurück zu laufen noch diese überhaupt zu verlassen. Jeder Millimeter Abweichung beim Stechen der Posten kosten gleich eine Strafminute. Bei den Schießeinlagen dann, angelehnt an den TV-bekannten Biathlon, gibt es dann gleich zwei Strafminuten pro Fehlschuss! Diese Fehlminuten addieren sich sehr schnell, was eben auch unsere Starter mehr oder weniger „spürten“.
Und mit dieser, der Kategorie „Klassik“ der Orientierungssportart „Biathlon-Orientierungslauf“ („Bi-OL“), startete dann auch zum Saisonabschluss traditionell das Finale der aktuellen Weltcupsaison in Dänemark. Wieder ging es in das berühmte Dünengelände an der jütländischen Westküste und wieder, diesmal bei Nymindegab, in ein ausgeprägtes militärisches Übungsgelände. Die Hälfte bestand, zur Atlantikküste hin, aus offenem Grasland, die andere war beinahe durchgehend mit für die Athleten hochgradig unangenehmen Krüppelkiefern, deren Gezweig bis zum Boden reichte. Hinzu kam regnerisches kühles Wetter mit teilweise recht kräftigen Windböen. Schon beim „Anschießen“, d.h. also beim Testen der realen Bedingungen am Schießstand, wurde schon festgestellt, dass es z.T. recht heftige Abweichungen geben konnte. Unangenehm – zumindest aus Sicht des Autors – wirkte einmal mehr die unselige Art der Übernahme des elektronischen Höhenbildes 1:1 in das dargestellte Relief sowie das doch recht großzügige Weglassen von Fallstrichen für die diversen Täler. So war dann auch schon das Einlesen beim Absolvieren der 3 km-„Punkt-OL-Bahn“ allein aus diesen beiden Gründen nicht unbedingt einfach zu nennen. Als etwas gewöhnungsbedürftig folgte – Geländebedingt – sofort der Übergang zur normalen OL-Bahn. So kamen dann fast alle Teilnehmer doch erheblich „fertiger“ zum Liegendschießen als allgemein üblich. Das Schießergebnis in Form der oben erwähnten Strafminuten zeigt das in der Auswertung eindeutig. Zwischen den beiden Schießeinlagen war nun lediglich eine 1000 m Pflichtstrecke gelegt und nach dem Stehendschießen ging es dann unmittelbar zum Ziel.
Erstmals konnten in den Leistungskategorien der Junioren und Elite in dieser Disziplin für Deutschland nicht nur Podiumsplätze, sondern durch Marie Herrnhold (D 20) und Sebastian Fleiß (H20) zwei Siege eingefahren werden. Beide kamen sowohl mit dem harschen Geläuf als auch mit dem Punkt-OL und den beiden Schießeinlagen am besten zurecht, wohingegen doch sehr vielen Starterinnen und Startern die nicht regelgerechten Bahnlängen quasi „die Nerven raubten“. Zwar erliefen sich in der Herren-Elite mit Karsten Blume (Berliner TSC) mit dem 11. Platz erstmals ein deutscher Elite-Biathlonorientierer eine TOP 15 Platzierung bei einer Weltkonkurrenz (Weltcup oder Weltmeisterschaft) und erreichte wie Benno Schütz (ESV Berlin- Schöneweide) mit Platz 15 noch wertvolle Weltcuppunkte, beide waren aber mit ihren Ergebnissen doch mehr als unzufrieden.
Kennzeichnend war bei diesem Langstreckenwettbewerb die ungewöhnlich große Anzahl von nicht gewerteten Teilnehmern durch Aufgabe bzw. Abbruch „unterwegs“, so dass in einigen Kategorien nur noch die gewerteten überhaupt im Ergebnisprotokoll erscheinen.
Wettkampftag Zwei: Sprint
Auch hier: Spricht man im Orientierungslaufsport von der Sprintstrecke, die früher einmal auch als „Kurzbahn“ bezeichnet wurde, ist auch das durchaus berechtigt, denn in dieser jüngsten der OL-Disziplinen soll speziell das sichere Orientieren bei besonders schnellem Laufen getestet werden. Auch beim Sprint im Biathlon-Orientierungslauf soll es auf hohe orientierungstechnische Aufgabenlösung ankommen. Hier wird allerdings international in der „IBOF“ im Gegensatz zur „IOF“, wo dieser „Sprint-OL“ in 12 – 15 min dauern und vorrangig in urbanem Gelände stattfinden soll, dieser „Biathlon-Sprint-OL“ doch mehr im Wald und so realisiert, dass er doch dem beim OL als „Mittelstrecke“ bezeichnetem Wettbewerb näher kommt, da ja nach den beiden OL noch das Schießen hinzu kommt und somit Siegerzeiten bei etwa 25 min aufwärts anfallen.
Einige Worte also auch an dieser Stelle zu dieser Kurzstreckendisziplin. Diese Form des Biathlon-Orientierungslaufs besteht wie bereits erwähnt in der Regel aus zwei kurzen OL-Bahnen die durch jeweils fünf Schießeinheiten im Liegen unterbrochen werden. Nach der zweiten OL-Einheit folgt das Schießen im Stehendanschlag. Die Fehlschüsse werden mit Strafrunden geahndet, wobei die Länge abhängig von der jeweiligen Startkategorie ist.
Mit dieser, der Kategorie „Sprint“ der Orientierungssportart „Biathlon-Orientierungslauf“, endete dann zum Saisonabschluss traditionell das Finale der aktuellen Weltcupsaison in Dänemark. Auch dieser letzte Saisonhöhepunkt führte erneut durch das Dünengelände, allerdings mit Start und Ziel innerhalb des Kasernengeländes. Wieder war der außerhalb des Militärgeländes gelegene Streckenabschnitt durch mit Krüppelkiefern bewachsene Sandhügel gekennzeichnet und wieder war es regnerisch und kühl. Interessanterweise war bei diesem Weltcupfinale nach dem zweiten Schießen noch einmal eine Kurz-OL-Bahn zu absolvieren. Der Veranstalter hatte hierzu eine OL-Karte mit drei kleinen getrennten Geländeausschnitten ausgegeben – und die erreichten Wettkampfzeiten wichen dann doch um einiges vom „Normalstandard“ einer „handelsüblichen“ Sprintbahn ab. Da die Bedingungen jedoch für alle gleich waren, konnten die besser trainierten Teilnehmer natürlich mehr brillieren, aber das ist eben im Sport allgemein so.
Wie schon am Vortag konnten in den Leistungskategorien der Junioren und Elite in dieser Disziplin für Deutschland nicht nur Podiumsplätze, sondern durch Marie Herrnhold (D 20) und Sebastian Fleiß (H20) zwei Siege eingefahren werden. Beide kamen sowohl mit dem harschen Geläuf als auch mit den beiden Schießeinlagen am besten zurecht, wohingegen doch sehr vielen Starterinnen und Startern die nicht regelgerechten Bahnlängen wieder quasi „die Nerven raubten“. Dritte wurde in bei den Juniorinnen mit knappen Rückstand auf Rang zwei Marina Schnauss vom Berliner TSC. Beifall löste der für ihn selbst überraschende sechste Platz in der Herren-Elite durch Karsten Blume (Berliner TSC) aus, der dadurch als erster Deutscher überhaupt in der Geschichte des Biathlon-OL in der Hauptkategorie eine TOP-10-Platzierung erreichen konnte. Der zweite deutsche Elitestarter, Benno Schütz (ESV Berlin- Schöneweide) war mit seinem 17. Platz und des damit verbundenen nochmaligen Gewinns von Weltcuppunkten nicht richtig zufrieden. Der Endstand im Weltcup sieht Karsten unter den 82 gewerteten Eliteläufern auf Platz 39 (39 Punkte), Benno erreichte mit seinen 24 Punkten den 52. Rang. Weitere Podestplätze beim Sprint gab es dann aus deutscher Sicht noch mit jeweils zweiten Plätzen für Monika Braatz (AK Damen ab 55 / Storkower SV) und Dimitri Popov (AK Herren ab 40 / SV Schorfheide).
Auch bei diesem Sprintwettbewerb wurde wie schon am Vortag eine ungewöhnlich große Anzahl von nicht gewerteten Teilnehmern durch Aufgabe bzw. Abbruch „unterwegs“ registriert, so dass in einigen Kategorien nur noch die gewerteten Teilnehmer überhaupt im Ergebnisprotokoll erscheinen.
Zu „verdanken“ dieser zumindest in den vier Leistungskategorien der Junioren und Elite doch erfolgreichen Schlußserie der diesjährigen Weltcupsaison einschließlich der beachtlichen Ergebnisse bei den Weltmeisterschaften vom Sommer in tschechischen Jachymov haben unsere Athleten wohl vor allem dem vom schwedischen „Orienterings-Skytte-Verband“ für unsere deutschen Teilnehmer Henrik Rudert (AK 14), Sebastian Fleiß (Juniorenweltmeister Sprint und -vizeweltmeister Staffel), Paul Scholtz (Juniorenvizeweltmeister Staffel) und Karsten Blume sponsierten Trainingslager in Uppsala (Juni), dem SV Schorfheide und dem Kreissportbund Barnim für die Unterstützung bei der Schießausbildung (Langzeitausleihe ihrer beiden Laserpräzisionsgewehre), den Schießtrainern Dimitri Popov (SV Schorfheide / Bundesbiathlonzentrum Altenberg), Dr. Frank Braatz (Storkower SV / Treptower SV), dem OL-Trainer Bernd Wollenberg (Berliner TSC) und – für die weiteren Erfolge beim Weltcupfinale auch bereits der Mitarbeit im Trainingsbetrieb durch die beiden TSC-Sportler Sebastian Fleiß (C-Lizenz als OL-Trainer und inzwischen auch spezialisiert auf Schießausbildung) und Tobias Schwartz, der besonders seine langjährigen Schießerfahrungen aus seiner Zeit im Schützenverein mit eingebracht hatte.
Text: Bernd Wollenberg
Fotos: Hans Mandahl, Bernd Wollenberg