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Standortbestimmung deutscher OL

Zu Beginn des Jahres 2015, also 25 Jahre nach der deutschen Einheit, ist der OL nach wie vor im Deutschen Turnerbund (DTB) als Dachorganisation zu finden. Allerdings hat sich im Ergebnis von Differenzen zwischen den OS betreibenden ca. 6000 Bundesbürgern und dem DTB, speziell finanzieller Art, mit dem „Deutschen Orientierungssport Verband“ (DOSV) im Juni 2014 in Hetzdorf (Tharanter Wald / Sachsen) eine Bewegung zu mehr Eigenständigkeit innerhalb des DTB entwickelt, die mit Aufmerksamkeit verfolgt werden sollte. Das auch deshalb, weil es bei der Vereinigung 1991 unter dem Dach des DTB mit dem Deutschen Orientierungslauf Verband (DOLV) für ein Jahr schon einen eigenständigen Verband auf dem Boden der früheren DDR gegeben hatte, der sich aus dem vormaligen „Deutschen Verband für Wandern, Bergsteigen und Orientierungslauf der DDR“ (DWBO) in der „Wendezeit“ 1989/1990 gebildet hatte. Damals „lockte“ der DTB die anfangs zögernden mit recht großen finanziellen Mitteln und sogar drei bezahlten Trainerstellen – von dem ist alles 2015 nichts mehr zu sehen!. Ohne finanzielle Zuschüsse aus dem Topf des „Bundesministeriums des Innern“ (BMI), des „Fördervereins Orientierungslauf“ (über den einige wenige Sponsoren, die sich zumindest für den Nationalkader arrangieren wie SIRIUS, Moscompass, MyTi ny5un oder SportIdent sowie Projekte wie „TOP 10“ akquiriert werden ), der Sportartikelvertreiber OL-Shop Conrad, Sportvogel oder INOV und etlicher privater Initiativen und Kleinsponsoren mit teils individueller Unterstützung Einzelner oder kleiner Gruppen von Zielpersonen (z.B. durch WWOP Germany in Berlin) wäre der deutsche OL aktuell nicht mehr arbeitsfähig. Allerdings kommen durch die föderale Struktur des deutschen OL in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich hohe finanzielle Mittel aus den jeweiligen Landesverbänden zumindest für Arbeit der regionalen OL-Vereine zustande, die die Basisarbeit absichern.

 

Es gibt mit der „Bundesrangliste OL“ (BRL) und den Deutschen Meisterschaften (DM) sowie der „Deutschen Parktour“ (DPT) drei überregional wirkende Veranstaltungsreihen, bei denen jeder OL-Interessierte teilnehmen kann, ein Startpass (und somit Mitgliedschaft in einem DTB-Verein) ist nur für die DM-Wettbewerbe zwingend vorgeschrieben.

Ein Nationalteam gibt es in den „Leistungskategorien“ (Damen und Herren sowie Juniorinnen und Junioren) in der Damen- und Herrenkategorie „ELITE“ sowie ein Juniorenteam (17 – 20 Jahre) und hinzu ein Jugendteam (13 – 18 Jahre). Diese werden anhand vom Stand in der BRL, Ergebnissen bei den Einzel-DM sowie dem Erreichen von Zeitvorgaben durch den Trainerrat bei leichtathletischer Laufergebnissen über 3000m bzw. 5000 m per Berufung gebildet.

Bislang wird im Biathlon-OL darauf verzichtet, zumal es in Deutschland dazu noch keine eigenständige Struktur gibt, die Teilnahmen an nationalen und internationalen Wettbewerben (Welt-Cup, Weltmeisterschaften) ist aktuell noch offen für jeden Interessenten.

Im MBO und Ski-OL gibt es, mit den jeweiligen Parallelverbänden abgestimmte, Berufungskriterien für internationale Meisterschaften sowie nationale Ranglisten und Meisterschaften.

 

International am erfolgreichsten  schnitten 2014 die Biathlon-OL´er ab, sicherlich auch, weil die WM erstmals in Deutschland (Storkow / Brandenburg) stattfanden und speziell sich mit einem sehr hohen finanziellem Eigenanteil sowie durch ein sehr hohes Sponsoring die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen wurden.  In 2 Einzel- und dem Staffelwettbewerb wurden 5 x Gold, 6 x Silber, 5 x Bronze sowie 9 x eine TOP-6 Platzierung erreicht, allerdings in den „Leistungskategorien“ gab es mit 1xSilber im Sprint durch Sebastian Fleiß (Berliner TSC) und 1 x Silber der Junioren (Sebastian Fleiß / Paul Scholtz, beide Berliner TSC) und 1 x Bronze der Juniorinnen (Henriette Käding / Kaulsdorfer OLV und Marie Herrnhold (Berliner TSC) zwar schöne Erfolge, die jedoch trotz der hohen Spezialisierung (u.a. auch des Schießens) in Anbetracht der geringen Teilnehmerzahlen auch von Gegnern und vielfacher Nichtakzeptanz („mit Schießen will ich nichts zu tun haben“) etwas relativiert werden müssen.

 

Während im Ski-OL (Schweiz) und Fuß-OL (Brasilien) zumindest bei den jeweiligen Senioren-WM doch etliches an Medaillen und TOP-6-Platzierungen erreicht wurden, gab es in den Leistungskategorien speziell im Fuß-OL besonders durch das Geschwisterpaar  Susen und Sören Lösch (Uni Jena) sowie Christiane Tröße (TU Ilmenau) und Bjarne Friedrichs (MTV Seesen) noch solche Ergebnisse im vorderen Mittelfeld, dass Deutschland auch 2015 zu den WM in der „Division 2“ mit jeweils 2 Damen und Herren antreten kann.  Eine TOP-6-Platzierung erreichte im Leistungsbereich bei den Jugend-EM mit Platz 4 Birthe Friedrichs (MTV Seesen), die Junioren gingen leer aus.

 

Als Fazit kann resümiert werden, dass die Rahmenbedingungen für  bessere internationale Ergebnisse speziell im Fuß-OL offensichtlich in Deutschland so schwach sind, dass die durchaus vorhandenen Talente sich quasi selbst bis hin zur finanziellen und materiellen Absicherung um alles kümmern müssen, sehr geringe und meist durch individuelle Bemühungen zustanden kommenden, im großen und ganzen jedoch keinerlei Zugeständnisse in Schule, Studium und Beruf vorhanden sind, um den notwendigen Trainingsumfang für ein „Mehr“ abzusichern, während die internationale Konkurrenz sich doch auf staatliche Unterstützung (Club- und Fördersport durch Polizei, Militär, Sponsoren aus der Wirtschaft mit eigenem Sportbetrieb) stützen kann. OL in Deutschland ist also im wahrsten Sinne des Wortes reiner Amateursport im Coubertinschem Sinn von Enthusiasten für Enthusiasten oder eben Gleichen unter Gleichen.

Da aber andererseits, auch bedingt durch immer höhere Genauigkeit des Kartenmaterials und immer schnellere Nachweisgestaltung  des Anlaufens der einzelnen OP, muss immer mehr auf schnelles und athletisches Laufen zumindest für den ambitionierten Spitzenbereich geachtet werden. Um also  Anschluss an die internationale Spitze herzustellen, bleibt eben nur die Erhöhung des Trainingsumfangs übrig. Vielfach ist bereits dazu übergegangen worden, sich aktiven Leichtathletikgruppen anzuschließen, denn inzwischen sind z.B. für ambitionierte Bewerber für den Nationalkader im Juniorenbereich z.B. Laufrichtzeiten (3000 m) von 11:30 min für die Mädchen und stolze 9.30 min für die Jungen, für Damen-Elite stehen 5000 m mit 20 min, für die Herren 16:30 min zu erbringen. Wobei diese Entwicklung allerdings lediglich „den Schritt zurück zu einer der Wurzeln“ bedeutet. Aufgepasst muss hierbei allerdings werden, dass die Lauftrainer immer auch einen ausgebildeten OL-Trainer an ihrer Seite haben, der immer auch die Spezifik des OL wie Querhangläufe, Querhangauf- und abläufe wie auch den ständigen Untergrundwechsel (Bodenbeschaffenheit)  wie auch den ständig wechselnden Bewuchs (Quer durch „Busch und Tann“ oder offene Wald- und Grasflächen sowie auch Wege mit verschiedensten Laufeigenschaften anmahnen muss. Denn reine Lauftrainer bevorzugen nun einmal feste Laufflächen wie Tartan, Aschenbahn, feste Wege usw. Ebenfalls muss auf ausreichendes, OL-typisches Krafttraining Einfluss genommen werden – das aber wird aus meiner Sicht die nächste Zukunft schon erreichen.

 

Deutscher Orientierungssport-Verband e.V.

[Satzung]

[Protokoll Mitgliederversammlung 2016]

 

 

Text: Bernd Wollenberg