Biathlon-OL Weltmeisterschaften 2018
Durch Mitteljütlands Dünen…
…orientierten sich 2018 rund um Skive (Dänemark)die Teilnehmer der diesjährigen Weltmeisterschaften der Biathlon-Orientierungsläufer . Unter den über 160 Teilnehmern starten auch erstmals Vertreter aus China und Israel – initiiert durch WWOP Germany und den Berliner TSC, denn China ist simpel durch Qiyi Su, der 24 – jährigen chinesischen Studentin des Berliner TSC vertreten. Und aus Israel startet mit dem seit 1994 vielen Berliner OL´ern bekannten Doron Kissinger einer der experimentier-freudigsten Orientierungsläufer seines Landes mit dem Ziel, diese Extradisziplin auch in seinem Heimatland anzusiedeln. Wie bereits Anfang und Mitte der neunziger Jahre beim OL sind nun auch im Biathlon-OL die engsten „Entwicklungshelfer“ der israelischen Enthusiasten wieder wir Berliner OL´er und Biathlon-OL-Freunde. Zu den bei der Eröffnung von allen mit herzlichem Applaus bedachten Qiyi Su und Doron Kissinger wurden auch die beiden Starter des zum zweiten Mal seit 2017 antretenden Großbritannien mit großem Beifall begrüßt und alle drei neuen Nationen in den Eröffnungsreden des Bürgermeisters von Skive, des Kommandeurs der gastgebenden Dienststelle der dänischen Armee sowie durch einen Vertreter des Kommandos der dänischen Streitkräfte persönlich willkommen geheißen.
Interessant war eine Neuerung der Eröffnungszeremonie, bei der alle angetretenen acht Nationen einzeln zu den Klängen ihrer Nationalhymnen sich vor ihre am Appellplatz gehissten Flaggen formatierten. Mit neun Salutschüssen einer Vertretung der Ehrengarde der dänischen Streitkräfte in den historischen Uniformen der seit dem 18. Jahrhundert in Skive angesiedelten Truppen endete eine beeindruckende Eröffnung der nunmehr neunten Weltmeisterschaften, bei der unter den deutschen Farben insgesamt 12 Teilnehmer sich der Konkurrenz stellen – unter ihnen gleich 10 Berlinerinnen und Berliner und da die Chinesin Su ja Mitglied im Berliner TSC ist, sind es sogar 11 um Delegationsleiter Dr. Frank Braatz (Storkower SV / IHW Alex 78 Berlin) und den zu seinem Stellvertreter gewählten Tobias Schwartz vom Berliner TSC - gestartet für den neuen „Deutschen Verband für Biathlon-OL „ (DVBOL).
Der erste Wettkampftag ist traditionell die als „Klassik“ bezeichnete Kombination aus „Punkt-Orientierungslauf“, etwas verkürztem Lang-OL und je 10 Schießfolgen im Liegen und Stehen besteht. Die inzwischen auch Nichtbiathlon-Orientierern bekannte Besonderheit dieses „Punkt-OL“ besteht darin, dass die auf einer 3 km langen ausgeflaggten Laufstrecke kreuz und quer durch das Gelände platzierten 10 Orientierungspunkte so genau wie möglich auf einer mitgeführten Blankokarte mittels Nadeleinstich durch den jeweiligen Wettkämpfer markiert werden müssen. Neben dem Zeitdruck (den natürlich wir diese erste Teilstrecke in die Gesamtlaufzeit integriert) gibt es für jeden Millimeter Abweichung von der tatsächlichen Lage eine Zeitstrafe von einer Minute, die bis maximal 10 Minuten pro Posten sich steigern kann. Doch vor dem ersten Start gab es eine „erste Schwierigkeit“. Das sog. „Anschießen“ , bi der jeder Schütze seine Waffe auf die konkreten Bedingungen am Wettbewerbsplatz „einschießt“ musste wegen heftiger Orkanböen um 1,5 Stunden verschoben werden – demzufolge geriet der gesamte Zeitplan arg durcheinander. Jeder selbst aktive Sportler wird sofort nachempfinden können, was das bedeutet – Essen, trinken, mentale Vorbereitung – alles war jetzt verändert – und sicherlich sind im Wettkampfverlauf etliche Fehler im Orientieren, im physischen und auch psychischen Bereich auf diese Verschiebung zurück zu führen. Die Schwierigkeiten bei den beiden Orientierungsteilstrecken bestanden in dem zum größten Teil sehr dicht verwachsenen Geläuf mit Sichtweiten vielfach unter 10 Metern im Nationalpark von Tvorup (ca. 55 km nördlich von Skive) darin, den eigene Standpunkt in dem durch ständige, vielfach starken Winden vom offenen Atlantik her geprägten feinkuppierten Dünengelände immer im Blick zu haben. Der Bahnleger hatte sich sehr große Mühe gegeben, möglichst viele Richtungsänderungen in seine auch gern mal quer durch das „Dunkelgrün“ führende Lauflinie einzubauen. Vielfach fühlten wir Berliner uns allzusehr an den nordöstlichen Kartenbereich von Groß Schönebeck erinnert, so dass tatsächlich „Schritte zählen“ und genaues Kompasslesen angesagt waren. Gleich nach dem Ende dieser „Tortur“ folgte dann mit einem Kartenwechsel beginnend die verkürzte Langstrecke mit nun schon erwartungsgemäß feingestellten Posten im gleichen Geländebereich. Als wäre das alles nicht schon anstrengend genug, hatten die Veranstalter des gastgebenden Militärsportclubs „Idrätsforeningen Flyvestation Karup“ (IFK) ganz offensichtlich einen „Deal“ mit Petrus, denn es war doch recht warm, eigentlich schon heiß und schwül – wie ja seit Wochen überall in unserer Hemisphäre „üblich“ (Nix da mit „Kühler im Norden“…). Fast trockene Wassergräben und Sümpfe und meterhohes Gras, wenn es dann mal aus dem Grün herausging und hinzu wirr herumliegende Zeugnisse früherer Orkane in Form von abgestorbenen Baum- und Ast- resten erforderten hinzu noch eine gute Kondition und noch mehr auch Konzentration auf die vielen Laufbehinderungen. Teildisziplin drei dann die bereits erwähnten 10 Schüsse im Liegen und nach einer kurzen Crossrunde von nicht einmal 100 m dann im Stehen mit der Besonderheit, dass jeder Fehlschuss gleich zu zwei Strafminuten führte. Klar – in den Hauptkategorien der Junioren und Elite hatten unsere beiden zum ersten Wettbewerb angetretenen Vertreter Tim Dalheimer (H 20 / Berliner TSC) und Benno Schütz (ESV Lok Schöneweide) kaum eine reale Chance auf eine Medaille, denn speziell die Vertreter Dänemarks, Finnlands und Schwedens bestanden fast vollständig aus den jeweiligen Landesteams der Militärauswahlmannschaften zu den jährlich stattfindenden Miltärweltmeisterschaften. Während Tim, der derzeit ein schwedisches OL-Gymnasium in Südschweden besucht, einen ausgezeichneten vierten Rang erlief (ein einziger Fehlschuss oder 2 Minuten trennten ihn von seiner ersten WM-Medaille) fand sich Benno nach mehreren kleineren Ungenauigkeiten beim OL und etwas unglücklichen Fehltreffern auf Platz 31 wieder. Medaillen gab es zum Teil überraschend in etlichen Seniorenkategorien, die, wie auch schon bei den „Senioren WM“ vor knapp einem Monat zu beobachten, recht unterschiedlich besetzt waren. Diese Spezialdisziplin des „Klassik“ beim Biathlon-OL verlangt eine recht hohe Spezialisierung. Und so „meiden“ doch etliche der Biathlon-Orientierer diese sehr zeit- und kraftaufwendige Disziplin, in der es naturgegebener Maßen auch etliches an „Nichtwertungen“ und sogar „Disqualifikationen“ gab. Während sich in der H 35 dadurch Tobias Schwartz quasi allein gegen sich kämpfte – denn trotzdem müssen ja alle Teildisziplinen mit Erfolg „durcheilt“ werden – und seine Goldmedaille mit Schulterzucken in Empfang nahm und in der D 60 Monika Braatz (Storkower SV) die Silbermedaille dann in Empfang nahm, ging es in den anderen Seniorenkategorien unter den angereisten Spezialisten mitunter doch bei Wettkampfzeiten zwischen 2:30 Std bis 4:30 Std. unerwartet glatt um Sekunden. Wobei das erst nach etlichen Stunden und mehr als komplizierten Auswertungen fest stand, mussten doch vor allem die „Fehlmillimeter“ beim „Punkt-OL“ in mühevoller Kleinarbeit durch die Kampfrichter ermittelt und natürlich dann auch noch Gegenkontrolliert werden. Schlussendlich freuten sich dann über eine Bronzemedaille Carl Distler in der H 40 und Bernd Wollenberg in der H 70, letzterem fehlten dann zu Silber ganze 6 Sekunden. Beiden kam die im Trainingslager antrainierte Fähigkeit beim „Punkt-OL“ entgegen, Carl musste nur 7 mm, Bernd sogar nur 6 mm Abweichungen als „Strafminuten“ in Kauf nehmen und gehörten damit zu den besten 10% des gesamten Starterfeldes – selbst der Weltmeister der Elite, der Schwede Johan Eklöv, musste mit 3 min vorlieb nehmen, sein Verfolger, der neue Vizeweltmeister Hinder (SWE) musste genau wie der Bronzeplatzierte Thomas Greve Jensen (DAN) deren 10 verkraften.
Bernd Wollenberg